Dienstag, 28. November 2006

Das Projekt Past Perfect

Pastperfect-Landkarte

Nach zwei Analysen der Portale Clio Online und Historicum.net setze ich mich heute mit der Website Pastperfect.at anhand folgender (vorgegebener) Fragen auseinander:
  1. Welche (und wieviele) geschichtliche Zugaenge eroeffnet pastperfect? (Hilfe: Mit Zugang ist z.B. “Ereignisse” gemeint)
  2. Beschreiben Sie das Projekt pastperfect!
  3. Erklaeren Sie, wie man sich durch das Angebot von pastperfect bewegen kann (es gibt verschiedene Wege, nicht nur einen)!
  4. Was soll mit der Ebene “Rezeption” erreicht werden
  5. Was soll mit der Ebene “Reflexionen” erreicht werden?
  6. Entspricht pastperfect wissenschaftlichen Maßstaeben?
  7. Welchen didaktischen Prinzipien folgt pastperfect?
  8. Ziehen Sie ein persoenliches Fazit der Seite!
Weg von der schönen Übersichtlichkeit eines Clio.Online oder Historicum.net, sogar auf Europaquellen blicken wir seufzend zurück - diesmal kreuzen wir über einen Datenozean - und unsere Karte ist nur bruchstückhaft und der Kompass lässt uns ebenfalls manchmal im Stich.

Der erste Anblick von Pastperfect.at lässt einen schwer schlucken - was habe ich angestellt, dass ich dazu verdammt bin dieses Monstrum zu analysieren?
Eine anfängliche Seekrankheit macht sich bemerkbar - wir dringen in mir völlig unbekannte Gewässer vor und irgendwie habe ich das Bild einer alten Landkarte vor Augen, wo auf den weißen Flecken noch Seeungeheuer eingezeichnet waren.
Jedoch - der angehende Historiker scheut keine Mühen, die Deadline schwebt wie ein Damoklesschwert vor Augen - also Augen zu und losgeschippert!

Pastperfect.at wurde unter der Leitung von Professor Wolfgang Schmale von dem Historiker Jakob Krameritsch und den Mediengestaltern Florian Schmeiser und Susanne Schuda entwickelt.

Thematisch widmet es sich der „Geschichte Europas zwischen 1492 und 1558“, wobei es aber gänzlich andere Zugänge als eine "hekömmliche" Website zulässt und auch dem Benutzer abringt. 2004 erhielt es aufgrund seiner vielschichtigen Erfahrungsmöglichkeiten den Finalist Medida Prix zur Förderung des e-Learning-Bereichs.
Pastperfect kooperiert mit dem Institut für Geschichte der Universität Wien und mit VanGogh TV.
Leider funktioniert die Website von letzterem nicht mehr, somit konnte ich keine Informationen darüber gewinnen.
Pastperfect wurde am 1. Dezember 2003 im Imperial Kino in Wien öffentlich präsentiert.

Das Projekt möchte einen "zeitgemäßen wie medienadäquaten Wissenstransfer demonstrieren, indem es die Geschichte der frühen Neuzeit in einem Netzwerk aus (Kultur-)Wissenschaft, Informationstechnologie und Medienkunst" aufzurollen versucht.
Als Zielgruppe sind Lehrende, SchülerInnen, Studierende und "neugierige Zeitreisende" angegeben.

Pastperfect präsentiert verschiedene geschichtlicher Ereignisse zwischen 1492 und 1558 (pro jahr ca. 4-5), die in knapp gehaltenen Artikeln dargestellt werden und deckt somit vor das Europa des 16. Jahrhunderts ab.
Insgesamt haben laut bisherigem Stand über 60 AutorInnen rund 700 Artikeln verfasst, das Projekt ist jedoch für zukünftigen Ausbau ausgelegt und somit noch längst nicht abgeschlossen.

Pastperfect versucht auf innovativem Weg mit Hypertext zu arbeiten und verknüpft Ereignisse und strukturbezogene Informationen des europäischen 16. Jahrhunderts.
Man navigiert intuitiv und nicht strukturiert und auf mehreren Ebenen.
Zur Auswahl stehen Zeiträume, Orte und Themenfelder.
Aufgebaut ist die Seite auf Flash 7 (funktioniert manchmal leider nur äußerst langsam), wahlweise steht auch eine Html-Version zur Verfügung. Diese lässt allerdings nur wenig des ursprünglichen Konzeptes erahnen.

Pastperfect-Zeitrad
Die Website bietet höchst unerschiedliche Zugänge:
Suchfunktion (relevante Begriffe eingeben)
Drehen am Zeitrad (Jahreszahl eingeben)
Wandern auf der Landkarte
Rubriken (z.B. Entdeckungen, Medien, Religion)
Anklicken der Linkangebote

Die Informationen selbst werden auf den vier Ebenen Ereignisse, Kontexte, Rezeption und Reflexion aufbereitet.

Ereignisse
Ausgehend von über 400 Schilderungen von "Ereignissen" werden 66 Jahre europäischer Geschichte (1492-1558) erzählt und untersucht.
Dabei wird versucht keine "Geschichte der großen Männer" ( wie sie z.B. der Historismus präferiert hatte) zu schreiben, sondern kurze "Fallbeispiele" des jeweiligen Jahres zu geben. Die kurzen Artikel sollen einen Überblick geben, vor allem aber "Lust an mehr" wecken. Sie stellen keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern regen an, sich mit einem bestimmten Ereignis später weiter auseinanderzusetzen.

Pastperfect-Kontext
Kontexte
Hier werden dauerhafte, längerfristige Strukturen untersucht, die oft auch Bedingungen für Ereignisse darstellen.
Die Beiträge sind zumeist länger als die Artikel der Rubrik Ereignisse und bieten Querschnittsinformationen zu Themenfeldern wie "Alltag", "Wirtschaft", "Krieg", "Medien" oder "Wissenschaft" . Viele Links führen von hier aus wieder zu Ereignisse, so dass der Benutzersich die vielfältige Vernetzung nie aus den Augen verliert.

Rezeption
zeigt die Interpretation von Themen und Persönlichkeiten des 16. Jahrhunderts in späterer Zeit.
Diese Ebene ermöglicht den BenutzerInnen, verschiedene Interpretationen vermeintlich sicherer historischer "Fakten", "Tatsachen" und "Ereignisse" in ihrer "Zeitgebundenheit" und historischen "Gemachtheit" kennen zu lernen.

Reflexion
bietet Essays zur Kulturwissenschaft allgemein an.
"Geschichte" kann außerhalb der Erzählung, d.h. ohne Medium nicht existieren; die Machart des Mediums "programmiert" die Form der Geschichte- darüber wird hier diskutiert und philosophiert.


Berücksichtigt werden insbesonders Alltags- und Mentalitätsgeschichte, Geschlechtergeschichte, Kunst- und Kulturgeschichte, sowie Religions-, Wirtschafts- und Politikgeschichte.

Pastperfect möchte Wissen interdisziplinär vernetzen und teilweise komplementäre Informationen aufzeigen, um eine "große Erzählung" zu bilden.
Es zwingt den Benutzer seinen eigenen Weg zu finden, lässt allerdings auch die Möglichkeit zu gezielt zu recherchieren. (Wenn man die Hilfefunktion einmal durchschaut hat, findet man die Möglichkeit zum Beispiel auch stichwortartig zu suchen, was bei mir jedoch oft auch zu keinem Treffer führte).

Es nutzt zwar sehr innovativ und ausgiebig die Möglichkeiten des Hypertext aus, baut aber keine Bildquellen oder z.B. Filmausschnitte ein, was ich persönlich als schade empfunden habe.

Die Frage ob Pastperfect wissenschaftlichen Maßstäben entspricht stellt mich vor folgendes Dilemma: Was sind wissenschaftliche Maßstäbe in diesem Zusammenhang?
Die Nachvollziehbarkeit von Quellen, Zitation, Belege?
(in diesem Fall - teilweise. Manchmal auch ergänzungsbedürftig.)
Wissenschaftliche Maßstäbe in Bezug auf hypertextuelle Aufbereitung? (Müsste ich im Detail analysieren).
Transparenz? (Ja, Impressum, Autoren etc. sind nachvollziehbar, wissenschaftliche Anbindungen offen gelegt).

Fazit
Ich beschäftige mich erst drei Stunden mit der Website. Das ist ehrlich gesagt meiner Meinung nach zu wenig. Ich werde sicher im Laufe des Semester noch ein paar mal den Versuch wagen, durch Pastperfect zu navigieren und vielleicht die eine oder andere Ergänzung noch anzufügen. Außerdem möchte ich die Beiträge der anderen KollegInnen lesen um einen Einblick zu gewinnen, wie sie die Seite erfahren haben.
Ich schließe meinen Beitrag also nur vorläufig aus formellen Gründen (die Deadline...) ab, habe ihn persönlich aber noch nicht für beendet erklärt. Diese Seite stellt eine Herausforderung dar - ich schwanke noch in der persönlichen beurteilung. Mit gefällt das Konzept und der didaktische Ansatz in der Theorie sehr gut, den parktischen Nutzen habe ich noch nicht ganz verarbeitet. Die Gefahren sehe ich dabei, dass eher ungeschulte Besucher an der Zugangsweise scheitern und die versuchte Tiefenschaffung einen Schuß nach Hinten darstellt, weil die Seite dann zu oberflächlich betrachtet wird.
In diesem Sinne- wir lesen uns sicher noch einmal zu diesem Thema...

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Martin23 - 29. Nov, 23:46

sehr guter Blogtext, der sich pastperfect annähert und anregt das Projekt anzusteuern, obwohl vor "Surf"krankheit gewarnt wird! MG

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Claudia Brandstetter
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