Dienstag, 5. Dezember 2006

Bloggen und Hypertext

3 Minuten vor 19:00 - keine Möglichkeit meine handschriftlichen Notizen zeitgerecht abzutippen - und genau hier haben wir schon das erste Problem des "Hypertexts" - wer liest wirklich gerne lange und ausdauernd im Web?
Ich liebe das Web zum Suchen und Auffinden von Informationen - ich gehöre allerdings auch zu der Sorte Leute, die sich Texte lieber ausdrucken und dann lesen.
Ich halte gerne etwas in der Hand - und ich bin nicht alleine - sonst hätten sich Ebooks längst durchgesetzt ;)
Deswegen habe ich den zu lesenden und kommentierenden Beitrag aus gedruckt und in meiner typischen Manier am Seitenrand kleine handschriftliche Notizen und Stichwörter angefügt, anhand derer ich meinen Blogbeitrag verfassen kann.

Wieso also sollten wir Hypertexte for Forschung und Studium berücksichtigen wenn es doch viel bequemer ist sich mit einem Buch auf die Couch zu setzen? Ganz einfach, weil Hypertexte Möglichkeiten bieten, die da Unbequeme lesen am Bildschirm wieder gutmachen - und um genau diese Möglichkeiten geht es in meinem heutigen Blogbeitrag.

Heute freut es mich besonders, mich mit einem Beitrag meines Tutors Martin Gasteiner beschäftigen zu können - schließlich ist es interessant, was derjenige, der mir im Rahmen dieses Kurses praktisches zum Thema Hypertext vermittelt, theoretisches über dieses Thema zu sagen, bzw. zu schreiben hat.

Es geht um folgenden Beitrag:

Gasteiner, Martin/Krameritsch, Jakob: Schreiben für das WWW: Bloggen und Hypertexten, in: Schmale Wolfgang (Hg.): Schreib-Guide Geschichte, 2. Aufl., Wien 2006 (UTB), S. 243-271

Jakob Krameritsch ist uns mittlerweile übrigens ebenfalls schon bekannt - er ist einer derjenigen Wissenschaftler, die am Projekt Pastperfect (das ich in meinem letzten Blogeintrag besprochen habe) mitgewirkt haben.

Der Beitrag, um den es hier geht, beschäftigt sich mit den Möglichkeiten des Hypertextes für HistorikerInnen, wobei sich "HistorikerInnen" wohl problemlos synonym mit "WissenschaftlerInnen" ersetzen ließe.

In meiner Einleitung habe ich angemerkt, dass ich mir Texte lieber ausdrucke um sie zu lesen - etwas dass man mit elektronisch abgespeicherten Dokumenten problemlos machen kann, wofür Hypertexte allerdings weniger geeignet sind.
Dadurch dass sie von vornherein nichtlinear konzipiert sind, würde eine Menge von Informationsgehalt (nämlich die sogenannten "Hyperlinks" verloren gehen und ich würde die Sinnhaftigkeit des Hypertextes an sich sabotieren.

Genau diese Hyperlinks nämlich, die mir erlauben Informationen untereinander zu verknüpfen, machen die Einzigartigkeit dieser Textform aus - und darum geht es hier im wesentlichen.

Hypertext: Assoziation und Vernetzung

Das wesentliche des Hypertextes ist die Erstellung von Querverbindung und die Vernetzung von Informationen.

So wie wir in einer Bibliographie gerne weiterführende Literatur zu speziellen Themen angeben, so gibt es im Hypertext weiterführende Links - mit dem Unterschied, dass ich mir nicht erst mühselig besagtes Buch suchen muss (das möglicherweise ein Erbstück der Großmutter des Autors war, in der Nationalbibliothek von Sierra Leone steht oder ohnehin längst vergriffen ist etc.) sondern direkten Zugriff auf besagte Information (egal ob Bild, Text, Video, Website etc.) habe, solange sie in irgendeiner Art und Weise im WWW vorhanden ist und mit meiner Ausgangsinformation durch Setzen eines Hyperlinks verknüpft wurde. In diesem Fall klicke ich einfach auf den Link und voilá, schon ist sie abrufbereit.

Im Hypertext wird die chronologische Struktur, der die meisten Texte folgen, aufgehoben und Informationen verknüpft.
Als Analogie haben die Autoren den Weg vom Zettelkasten zur Seminararbeit angegeben - mir fällt jedoch zu allererst unser eigenes Gehirn ein.

Darin sind zahlreiche Informationen gespeichert - aber erst durch die Verknüpfung dieser können wir sinnvoll mit Ihnen arbeiten, denken, überleben.

Ich kenne zum Beispiel die Begriffe Rot, Ampel, Strasse, Auto und Gefahr - wüsste ich allerdings nicht, dass ich bei roter Ampel nicht über die Strasse gehen sollte, weil ich sonst Gefahr laufe von einem Auto überfahren zu werden, würde ich wohl längst nicht mehr hier sitzen und könnte diesen Blog schreiben.

Einzelne Informationseinheiten werden also erst sinnvoll, wenn ich sie verknüpfen kann - und genau das bewerkstelligt ein Hypertext.

Hypertexte sind keine oberflächlichen Texte, die ich mal eben schnell überfliegen kann, sie fordern den Benutzer zu konsequenter Mit- und Denkarbeit auf.

Der Hypertextautor schreibt seine Beiträge im Wissen um die Denkarbeit seines zukünftigen Benutzers, er muss daher bestimmten Regeln folgen.
Ansonsten läuft der Benutzer Gefahr, den roten Faden des Textes zu verlieren und ist überfordert.

Hypertexte müssen sinnvoll strukturiert sein, die Vernetzung muss nachvollziehbar sein. (Es würde keinen Sinn machen von einem Artikel über das Aussterben von Eisbären zu spanischen Himbeeren weitergeleitet zu werden, die Informationen müssen richtig und strukturiert miteinander verknüpft werden.)

Abgesehen von den Gefahren für den Benutzer, nämlich im Hyperspace verloren zu gehen und irgendwann nicht mehr zu wissen wo eigentlich sein Ausgangspunkt war, bietet der Hypertext eine Menge Vorteile:
  • Er hat kein offenes Ende, d.h nachträglich können unendlich viele Informationen neu hinzugefügt und verknüpft werden
  • Er fördert die Zusammenarbeit und die Teamarbeit.
    Wichtig dabei ist, dass die Kommunikation der einzelnen Teammitglieder zielgerichtet sein muss, damit die einzelnen Puzzleteile ein stimmiges Ganzes ergeben
  • Die Arbeit wird gleich sichtbar und kann zum Beispiel mit Hilfe von CMS technisch gesehen relativ einfach umgesetzt und sofort veröffentlich werden - d.h. wiederum sie ist sehr aktuell, kann schnell upgedatet und erweitert werden und steht einem breiten Publikum zur Verfügung (und das zumeist auch noch kostenlos)
Nichtlinearität und Hypertext

Im folgenden Abschnitt wird die Frage nach der Geschichte des Hypertextes und seiner textuellen Einzigartigkeit beantwortet.

Hypertexte sind nichtlinear, sie sind netzwerkartig angeordnet.
d.h sie haben keinen Anfang, kein Ende und keinen Haupteil.
Sie sind quasi nach unten und oben hin offen und warten darauf, weiter ausgebaut zu werden.

Alle Bestandteile des Hypertextes sind gleichrangig, sie laden zum Stöbern ein und machen Lust auf mehr.

Nichtlineare Textformen können nicht linear gelesen werden (wenn ich Hypertext ausdrucke und die Seite von oben bis unten lese fehlen mir die Verknüpfungen), lineare Texte wie z.B in einem Buch jedoch schon nichtlinear. (Ich kann in einem Buch hin und her blättern und wenn es mich freut eine Seite auch 23 mal lesen.)

Metainfos gibt es auch in anderen Textsorten, wie beispielsweise Glossare, Fußnoten etc.
Allerdings folge ich hier einem vorgegeben roten Faden, während mir ein Hypertext mehrere zur Auswahl anbietet.

Der wesentliche Unterschied zwischen Hypertexten und einem Buch besteht nicht in der Linearität des Mediums, sondern in deren Konzeption.

Hier unterscheiden die Autoren drei Arten von Sequenziertheit, d.h. Leitfäden:

Monosequenzierte Texte

Der Autor plant einen thematischen kontinuirlichen Leseweg, dem ich folgen muss, um den Inhalt sinngemäß verarbeiten zu können. (d.h. Im Sinne des Autors)

Mehrfachsequenzierte Texte

Der Autor bietet mehrere Lesewege an, aus denen die Benutzer denjenigen auwählen können, die ihrem Informationsbedarf am ehesten entsprechen.
Beispiele wären hierfür Kochbücher, Reiseführer oder Handbücher.
Alle genannten Beispiele können auch wie monosequenzierte Texte gehandhabt werden (d.h. ich kann sie auch von A bis z oder von Anfang bis Ende durchlesen wenn ich möchte)

Unsequenzierte Texte

Diese Texte können in beliebiger Reihenfolge gelesen werden, ohne dass ich Einbußen für mein Verständis befürchten muss.

Ich kann meinen Einstieg frei wählen (bei einem Roman beispielsweise würde es wenig Sinn machen auf Seite 324 anzufangen) und kann dem Lesepfad gemäß meines eigenen Interesses folgen.
Hypertext würde laut dieser Definition eine unsequenzierte Textsorte sein.

Hier bringen die Autoren eine schematische Veranschaulichung aller drei Textsorten, die ich aus Gründen des Copyrights jedoch nicht widergeben werde.

Der Begriff "Hypertext" wurde bereits 1965 von Theodor Holm Nelson, einem amerikanischen Soziologen, eingeführt.

Er verstand darunter einen Text mit dermaßen komplex verknüpften Informationen, dass er unmöglich in Buchform gedruckt werden könnte und somit als Grundlage einen vernetzten Computer bräuchte.

Hypertext setzt voraus den Text in dem Medium zu lesen, in dem er geschaffen wurde, um der Gefahr zu entgehen einen massiven Informationsverkust zu erleiden.

Hypertexte sind also in engerem Sinn computerverwaltete, unsequenzierte Texte.

Module, Links und Kohärenz: Herausforderungen beim Schreiben von Hypertext

In einem Hypertext wird ein Thema in mehrere Informationseinheiten aufgespalten und anschließend zusammengesetzt und ausgebaut.

Benutzer werden nicht verpflichtet einem einzelnen Lesepfad zu folgen, sondern können sich diesen individuell auswählen.

Der Autor des Textes muss wiederum gewährleisten können, dass alle individuellen Pfadmöglichkeiten auch Sinn ergeben.

Die Einheiten müssen also erstens in sich verständlich sein (d.h. gewissermaßen auch autonom), andererseits so offen sein, dass sie Anknüpfpunkte für weitere Informationseinheiten bieten.
Was also in unserem Gehirn die Synapsen erledigen, übernehmen hier die Hyperlinks.

Die einzelnen Informationseinheiten dürfen nicht
  • zu lang sein (Lesen im Web ist anstrengender)
  • zu kurz sein ( wenn sie zu sehr aufgesplittert sind, kann ich keine Zusammenhänge mehr bilden)
Hypertexte stellen also auch explizite Anforderungen an ihre Autoren:
  • Man muss kurz und prägnant formulieren
  • Jeder einzelne Baustein muss in sich selbst verständlich sein und Sinn ergeben
  • Der Baustein soll Lust auf weitere Informationen wecken (quasi als Ausgangspunkt)
  • Die Einheiten müssen miteinander verknüpft werden können
Hyperlinks setzen diese Verknüpfungen und stellen somit Zusammenhänge her.

Ziel ist es, eine Vielzahl von Erzähl- und Lesepfaden zu schaffen - das Hypernetzwerk wird durch die Linksetzung mehr als die Summe seiner Teile.

Typisierte Links sorgen dafür, dass nicht der lost in hyperspace- Effekt eintritt:

Dazu werden Links mit Etiketten versehen, die sich verschiedenen Bausteinen zuordnen lassen. CMS Systeme automatisieren diesen Prozess fast vollständig.

Bericht aus einer Hypertextwerkstatt: Pastperfect.at

In diesem Abschnitt geben die Autoren einen Rückblick auf ein praktisches Beispiel zum Arbeiten mit Hypertext - die Entstehung des Webprojektes Pastperfekt.at, welches ich im letzten Beitrag analysiert habe.
Sie beschreiben die Probleme beim Verfassen der Texte, die Wichtigkeit eines ständigen Austausches mit den anderen Teammitgliedern und ihre Ziele.

Mit Hilfe des Hypertextes soll Tiefe in einem Text erreicht werden, so etwas umzusetzen ist nur mit Hilfe eines Teams möglich, man muss Zuständigkeitsbereiche formulieren und zuweisen.

Austausch und Diskussion sind enorm wichtig, die unterschiedlichen Texte der diversen Autoren sollen trotzdem im Endeffekt eine homogene Einheit bilden.

Die Texte müssen für den Hypertext verfasst werden, somit ist auch eine gewisse Standardisierung von Nöten.

Ein CMS hilft schließlich enorm bei der Umsetzung des Hypertextes, da es keine Programmierkentnisse fordert und eine relativ einfache Benutzeroberfläche hat, in die man Texte eingeben, formatieren, mit Attributen versehen und verknüpfen kann.

Schwieriger ist es sich auf Kontexte und Attribute zu einigen...
Im Hypertext wird die Bedeutung eines Textes eben nicht allein durch die einzelnen Texteinheiten produziert, sondern ersteht durch die Transparenz der Struktur, in die sie eingebettet und untereinander verknüpft sind.

Es geht nicht darum möglichst viele Verknüpfungen zu schaffen, sie müssen sinnvoll und zielführend sein.

Wichtig ist deshalb eine strukturierte Kategorisierung und Hierarchisierung, weil die Vernetzung auch Bezug auf die inhaltliche Gewichtung der Bausteine nimmt.

Die Autoren beschreiben weiters noch die Vorteile, die das Schreiben im Team mit sich bringt: Man profitiert und lernt von einander und schafft zusammen etwas gänzlich Einzigartiges.

Geschichte schreiben im Team: Hypertextcreator

In diesem Abschnitt gibt es Beispiele und Möglichkeiten, wie man selbst an der Vernetzung von Wissen teilhaben - und teilnehmen kann.

Berühmtestes Beispiel hierfür ist wohl Wikipedia, die größte und am schnellsten wachsende Online -Enzyklopädie der Welt.

Da Wikipedia ohnehin mittlerweile fast jedem ein Begriff sien sollte (wenn nicht bitte ich oberem Link zu folgen), möchte ich der Lobeshymne entgegnen, dass ich persönlich das Konzept von Wikipedia (jeder kann mit seinem Wissen zum Aufbau beitragen) eine Menge abgewinne, dass die Realität aber sehr trist ist.

Es gibt keine standardisierte Qualitätskontrolle und die Infos sind zumeist mit großer Vorsicht zu genießen - ich schlage nur Dinge bei Wikipedia nach, von denen ich schon eine ungefähre Ahnung habe und vergleiche sie immer - sehr oft findet man nämlich auch haarsträubenden Unsinn.

Wikipedia und seine Wiki-Kinder tragen jedoch ein ungemeines Potential in sich: die weltweite Vernetzung von Autoren und Akteuren.

Soft Skills wie Team-Fähigkeit werden immer wichtiger - hier ist die ideale Spielwiese um sie zu üben.

Es muss jedoch nicht Wikipedia sein, jedes CMS übernimmt diese Aufgabe ebenfalls.

Als Beispiel word hier der Hypertextcreator vorgestellt, der im Zuge von Pastperfect von den Autoren erprobt wurde.

Vorteile sind seine einfache Handhabung, und ein themenneutrales fertig programmierte Interface, das sich stark auf die verteilten und zugewisenen Attribute bezieht.

Texte werden in Kontexte integriert und mit anderen sinnvoll vernetzt. Zugewiesene Attribute stellen die Brücken zu anderen Bausteinen dar. Attribute sind beispielsweise Personen, Schlagwörter oder Quellen, ähnlich wie in einem Zettelkatalog.

Wie in einer Datenbank ordnet man also Labels zu, diese Attribute lassen sich bequem eingeben und stehen dann auch anderen Autoren zur Verfügung.
Die Schaffung von typisierten Links wird somit vereinfacht, auch Bild-, Ton- und Videodokumente lassen sich einbinden.

CMS-Systeme sind stets auch längerfristigen Wachstum ausgelegt, während ein Buch vielleicht einmal in der nächsten Auflage überarbeitet und somit ergänzt erscheint, können die Inhalte des CMS beliebig oft und schnell geändert und ausgebaut werden.

Weiterführende Gedanken über das Denken und Schreiben in hypertextuellen Strukturen

Hier führen die Autoren Zitate von an, die sich auf Vernetzung, Linearität/Nichtlinearität und Denkstrukturen beziehen und zu weiterführenden Diskussionen anregen.

Persönliches Fazit

Ein sehr gehaltvoller und gut strukturierter Artikel, der auch Laien Hypertext verständlich macht und anregt, sich damit auseinanderzusetzen - sei es praktisch oder theoretisch.
Er bietet außerdem eine Menge Anhaltspunkte für die Diskussion in der nächsten Präsenzphase unseres Kurses.

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Martin23 - 7. Dez, 15:37

gute,ausführliche Zusammenfassung, die das persönliche Interesse der Autorin an dem Thema zeigt! MG

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Claudia Brandstetter
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