Dienstag, 23. Januar 2007

Geschichte Online

Geschichte Online

Heute beschäftigen wir uns mit einer Webseite, die schon in mehreren meiner Beiträge Erwähnung gefunden hat - Geschichte Online.

Die Website richtet sich an (deutschsprachige) Studierende, wobei sie zwar dabei naturgemäß "Geschichte"-Studierende ins Auge fasst, meiner Meinung nach jedoch eine Bereicherung für alle Fachrichtungen darstellt.
Wissenschaftliches Arbeiten ist ja nicht auf eine Fachrichtung beschränkt (sollte es zumindest nicht sein...) - und manche Inhalte lassen sich durchaus auch interdisziplinär anwenden.

Das Projekt Geschichte Online entstand zwischen 2002 und 2004 ausgehend vom Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte und vom Institut für Geschichte der Universität Wien.
Kooperationspartner waren die historische Institute der Universitäten Basel, Graz, Innsbruck, Linz, München und Salzburg.

Zu den Inhalten

Geschichte Online beinhaltet vier Module :

Arbeitstechniken der historischen Wissenschaften
Literatur- und Informationsrecherche
Themenfelder der Geschichtsdidaktik


Das vierte Modul stellt der Hypertextcreator dar, der uns mittlerweile auch schon geläufig sein sollte, er bietet die Basis eines Redaktions- und Datenbanksystems für universitäre E-learning-Projekte.

Zielsetzung der Module

Jedes Modul ist in mehrere Abschnitte und Kapitel gegliedert.
Auf der Startseite werden die wissenschaftlichen Leiter und Mitarbeiter ausgewiesen und ein kurzer Überblick über die Inhalte des Moduls präsentiert.

In „Arbeitstechniken der historischen Wissenschaften“ beispielsweise erfährt man die Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens, Schreib- und Lesetechniken – sowohl theoretisch als auch mit praktischen Beispielen.
Die Online-Einheiten sind zumeist in Flash programmiert, können jedoch auch als .pdf gespeichert werden, besonders gut gefällt mir die übersichtliche Aufbereitung.
Die Lerneinheiten sind immer mit einer ungefähren Zeitangabe versehen, was ich als sehr nützlich empfinde.
Ein sehr ausführliches Glossar erleichtert das Verständnis. Zusätzlich werden spezielle Termini jedoch auch per Mauklick im Pop-up prägnant und gut lesbar erklärt.

Wissenschaftliches Arbeiten“ umfasst alle wichtigen Schritte der wissenschaftlichen Textproduktion - von der Themenfindung und Hypothesenformulierung über schriftliche Arbeiten bin hin zur mündlichen Präsentation.

Als besonderen Tipp möchte ich übrigens die eingegliederte „Erste Schritte im Kurrent-Lesen“ – Lerneinheit empfehlen, die mir persönlich sehr geholfen hat, meine erste Begegnung mit kurrentschriftlichen Akten unbeschadet zu überstehen.
Auch dieses Modul bietet so wie die anderen Module thematisch relevante Literatur und Links übersichtlich geordnet an.

Informations- und Literaturrecherche

Recherche ist eine der Hauptbeschäftigungen des angehenden Historikers. Damit sie auch zu einer Lieblingsbeschäftigung wird erhält man im Modul Informations- und Literaturrecherche das notwendige Handwerkszeugs um Informationen zu beschaffen, sammeln, ordnen und verwertbar zu machen.
Erklärt wird die wissenschaftliche Recherche in Bibliotheken, Literaturdatenbanken, Recherche als Dienstleistung, das Mysterium „Bibliographie“ und die Recherche von Quellen oder relevanten Netzwerken und dergleichen.

Geschichtsdidaktik

Geschichtsdidaktik schließlich richtet sich an Lehramtsstudierende.
Neben Unterrichtsplanung und Mediendidaktik wird hier auch ein größerer Kontext, nämlich das Netzwerk der europäischen Geschichtsdidaktik vorgestellt.
Das Modul soll mit der zukünftigen Rolle als Geschichtslehrer/in vertraut machen und Informationen über institutionelle Grundlagen des Geschichtsunterrichts, den Aufbau des österreichischen Schulsystems, die Lehrpläne und die Grundsätze der Politischen Bildung allgemein vermitteln.

Über den Hypertextcreator habe ich scon mehrmals in Beiträgen geschriben, deshalb nur so viel:

Der Hypertextcreator lässt sich ohne Programmierkenntnisse bedienen, er ist Medium und Werkzeug zugleich. Außerdem ist er ein Open Source System und kostenlos zu benutzen.
Er eignet sich sowohl für die individuelle Wissensvermittlung, als auch die kollektive, vernetzte Produktions- und Schreibprozesse und deren medienadäquate Vermittlung.

Der Selbstversuch

Nachdem ich übersichtsartig die Inhalte der verschiedenen Module vorgestellt habe, lautete die Aufgabenstellung wie folgt:

Arbeiten Sie die Lerneinheit “Zitat, Zitierregeln, Anmerkungen”
durch, beschreiben Sie, was Sie gemacht haben, bewerten Sie die
Aufgabe!


Nachdem ich gerade unsanft aus dem Lesesaal der UB entfernt werde, gibt es die Auswirkungen und Testergebnisse erst morgen ;)
Was soll ich sagen? Mit genügend Kaffee ausgerüstet hab ich mich hingesetzt, um in den veranschlagten 2 Stunden die Lerneinheit "Zitat, Zitierregeln, Anmerkungen" zu testen und danach meinen Bericht darüber zu verfassen.

Ich weiß nicht ob ich mich freuen sollte, dass mir die zwei Stunden in dieser Form erspart bleiben oder mich eher ärgern, dass anscheinend keiner bis jetzt den Programmierfehler verbessern konnte.

Ich habe die Übung "Erste Schritte im Zitieren" aufgerufen und begonnen.

Großartigerweise sind meine Antworten auch korrekt - allerdings weigert sich das Programm mir weitere Sätze zur Bearbeitung zu überlassen und schickt mich beharrlich immer wieder an meinen Anfangspunkt zurück.

Ich breche diese Übung also ab und versuche es mit den Übungsbeispielen im Abschnitt "Das Zitat".
Wunderbarerweise funktionieren Übungen 1 und 2 auf Anhieb, das Programm und ich geraten lediglich in einen (eher einseitigen) Streit über die grammatikalisch korrekte Punktuation in Übung 1.
(Ich beschließe innerlich der moralische Sieger zu bleiben und lasse ihm die Freude, dort keinen zu setzen.)
In Übung 2 werde ich schon etwas ungehalten, da das Programm und ich auch eine unterschiedliche Auffassung über die Notwendigkeit ein (...) einzufügen zu haben scheinen - auch wenn es in meinen Augen unerlässlich ist - das Programm hat partout etwas dagegen.

Ich durchstöber den Abschnitt über Zitate also weiter, auf der Suche nach anderen Übungsbeispielen und werde immer wieder auf Übung 1 und 2 verwiesen, bis ich eine andere interessante Lerneinheit finde - die zu Unrecht vollkommen versteckt ist.

Es handelt sich dabei um "Fremde Federn Finden - einer Lerneinheit zur Frage des Plagiats" der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Berlin.

Hier lerne ich unter anderem wie ich den Rest meiner wissenschaftlichen Karriere damit verbringen könnte, anderen Leuten nachzujagen und ihnen Titel aberkennen zu lassen, anstatt mich selbst wissenschaftlich mehr zu betätigen - aber das sollte ja nicht das Ziel sein.

(Man möge mir meinen Sarkasmus verzeihen - es ist sicher wichtig sich über Plagiate zu informieren und ich selbst bin ein entschiedener Verfechter des geistigen Copyrights - ich finde nur nicht das die losgetretene Plagiats-panik der österreichischen Wissenschaft irgendetwas Gutes tut.
Ich bin für Prävention und nicht Denunzierung.
Ich habe KollegInnen die bereits Schreibblockaden im Laufe ihrer Diplomarbeiten darauf zurückführen können, dass sie so große Angst haben, unabsichtlich ein Plagiat zu begehen - das ist wohl alles andere als konstruktiv.
Ich bin dafür, dass die Lust am Schreiben und nicht die Paranoia davor verstärkt werden - und ich finde nicht dass übertriebene Panikmache der geeignete Weg dafür ist.)

Ziel ist es, dermaßen sicher und korrekt im Schlaf zitieren zu können, dass mir einfach von vornherein kein Plagiat passieren kann.
(Ich bin entgegen Österreichs Ober-Plagiatjäger Nr.1 immer noch der verrückten Ansicht, dass die meisten Plagiate schlicht aus Unwissenheit und nicht Boswilligkeit begangen werden und dass man lieber mehr Geld in Lehrveranstaltungen zu Wissenschaftlicher Produktion von Texten (verpflichtend!) stecken sollte anstatt zur Jagd nach Plagiaten verwenden sollte...)

Also weiter mit der Übung im Abschnitt "Zitat im Zitat". Hier scheitere ich mit meinen angelernten Zitierkenntnissen kläglich. Das Programm weist mich zwar freundlich darauf hin, dass ich einen Fehler gemacht habe, bietet mir allerdings keine alternative Lösungsmöglichkeit an - ich weiß schlicht und einfach nicht was ich falsch gemacht habe und kann so nicht fortfahren.

Also versuche ich es mit den Übungen "Zitate mit Veränderungen", auch hier mit dem selben unbefriedigendem Ergebnis.

Weiter zur Übung "Zitierrel für Monographien 1". Hier kann man (theoretisch) Worte und Satzzeichen mit der Maus aufnehmen und in die richtige Reihenfolge bringen.

Eine tolle Übungsidee, die in der praktischen Umsetzung bei mir leider auch nach zehn Versuchen nicht klappen will.

Bei Übung 2 kann ich endlich ein Erfogserlebnis verzeichnen, obwohl ich meiner Meinung nach nichts anderes als in Schritt 1 gemacht habe...

Damit beende ich meinen Selbstversuch und bin dankbar, die Lerneinheit als .pdf ausdrucken zu können.

Mein Fazit

Die praktischen Übungen dieses Abschnittes sind zwar eher zeitraubend als gewinnbringend - der theoretische Inhalt jedoch ausführlich und gut gemacht.
Ausgedruckt als eine Art "Handbuch" besitzt der Abschnitt gut durchdachte Lerninhalte und eine wirklich detaillierte Problemlösung für die Thematik "Zitieren" - leider geht dies jedoch an der Intention "Online" zu lernen vorbei.
Zur Verteidigung der Website muss ich jedoch anmerken, dass mir die Übungen zur Kurrentschrift keine dieser oben angeführten Probleme bereitet hat.

Zu "Geschichte Online" möchte ich insgesamt vermerken, dass ich eigentlich ein erklärter Fan dieser Seite bin und sie schon oft als Nachschlagswerk benutzt habe.

Vielleicht stellen meine geschilderten Probleme nur einen Einzelfall dar - die Seite ist es auf jeden Fall wert, in den Lesezeichen eines jeden Geschichtestudenten gespeichert zu werden.

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Martin23 - 24. Jan, 21:42

Sehr gut gelungene Aufgabe. Der "Selbstversuch" ist originell verfasst. Ihrer Ausführung zum Thema Plagiat kann ich mich zum großen Teil anschließen. MG

Philipp Doerler - 24. Jan, 22:09

Plagiat

Ich habe auch auf meinem Blog schon kurz darauf hingewiesen, passend zum Thema Plagiate und deiner Anmerkung war in der heutigen Presseausgabe ein Gastkommentar.

Gruß - Philipp

a9808903 - 25. Jan, 00:58

Danke Philipp - finde ich imho besonders interessant, als dem Ober-Plagiatsjäger hier Kritik aus den Reihen der eigenen Uni entgegengebracht wird.

@Martin Gasteiner:
Danke sehr - das Bloggen macht mittlerweile richtig gehend Spaß - eine angenehme Nebenerscheinung, abgesehen von dem Lernfaktor.

Mir wurde übrigens neulich eine sehr lustige Anekdote aus dem Bereich der Plagiate aus den 1970er Jahren der Universität Salzburg berichtet:

Ein Doktorand, der des Dänischen mächtig war, hatte eine Dissertation komplett(!) 1:1 aus dem Dänischen kopiert, in der Annahme, dass dies aufgrund der Sprachbarriere kaum auffallen würde.

Ein deutscher Wissenschafter, der sich genau mit diesem (sehr speziellen Gebiet) beschäftigte, unternahm extra ein Reise nach Salzburg, um dort die einzige im deutschsprachigen Raum erhältliche Dissertation zu diesem Thema einzusehen - als einzige Grundlage sonst hatte er ausgerechnet die dänische Originalversion gelesen, da er halb dänischer Abstammung war....

Wir sehen also: Plagiate können durchaus auch ohne Internet entstehen und ohne Software überführt werden...:)

Mit lieben Grüßen

Claudia Brandstetter

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